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Sinnbild für Burscheids jüngere Geschichte

BfB-Fraktion beantragt Denkmalschutz für das ehemalige Haus der Begegnung

Burscheid. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erwachte auch im Bergischen Land das Bürgertum. Aus Heimarbeitern wurden Fabrikanten. Sie demonstrierten ihr neues Selbstbewusstsein nach außen durch den Bau repräsentativer Privathäuser abseits ihrer Betriebe. Diese Unternehmervillen gelten heute als Stein gewordene Geschichte. Das Richartz-Bertrams-Haus mit der Adresse Montanusstraße 8 ist eine solche Unternehmervilla. Erbaut wurde sie 1896 vom Fabrikanten Heinrich Bertrams (1825 – 1908) aus Heddinghofen. Die Ratsfraktion des Bündnisses für Burscheid (BfB) stellt nun den Antrag, das Haus unter Denkmalschutz zu stellen.

Seit 1974 befindet sich das Gebäude 8 im Besitz der Stadt und diente bis vor Kurzem als Altentagesstätte bzw. Haus der Begegnung. Das weiße, stark gegliederte Gebäude wirke trotz seiner beachtlichen Größe fast zierlich, so die BfB-Fraktion in ihrem Schreiben an Bürgermeister Dirk Runge. Klassizistische und historisierende Schmuckelemente der Fassade wiesen auf die Zeit seines Entstehens hin.

In seiner Antragsbegründung bezieht sich BfB-Fraktionschef Michael Baggeler auf Recherchen von Stadthistorikerin Marie-Luise Mettlach: „Heinrich Bertrams hatte 1850 in Kaltenherberg eine florierende Weberei für bunte Baumwollstoffe gegründet. Später baute er den Betrieb mit der Herstellung von Ofenrohrknien aus. Der erste metallverarbeitende Betrieb in Burscheid entwickelte sich so gut, dass er durch Niederlassungen in Siegen, Paris und Wien erweitert wurde. Seit 1877 wurde das Unternehmen von Heinrich Bertrams‘ Schwiegersohn Albert Richartz geführt. Albert Richartz war in Burscheid sehr beliebt – zum einen wegen seines Einsatzes für die Bedürftigen, zum anderen für sein kulturelles Engagement. Er bewohnte mit seiner Familie besagte Villa und ließ den Park anlegen, der wie heute bis an die Höhestraße reichte und im Osten durch die zwischen 1896 und 1898 gepflanzte und heute noch bestehende Lindenallee begrenzt wurde. Die Villa übertrugen Albert und seine Frau Auguste noch zu Lebzeiten ihrer Tochter Else (1885 – 1968), die 1936 mit ihrem Ehemann Prof. Dr. Paul Luchtenberg (1890 – 1973) dort einzog.1951 ließ Luchtenberg die Villa außen und innen modernisieren. Else Luchtenberg verfügte 1965 testamentarisch die Errichtung eines Altenheimes in Burscheid aus ihrem Vermögen (heute „Evangelisches Altenzentrum Luchtenberg-Richartz-Haus“). Prof. Dr. Paul Luchtenberg wurde als Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen und Mitbegründer der FDP weit über Burscheid hinaus bekannt. Er setzte er sich vor allem für die Förderung von Kunst und Musik in Burscheid ein und gab der Stadt ein markantes kulturelles Gesicht. Nach dem Tod seiner Frau vermachte er den unteren Teil und sein Schwager Erich Richartz-Bertrams (1889 – 1973) den oberen Teil des Parks an der Villa der Stadt Burscheid. Der Enkel von Heinrich Bertrams war früh war er in die Firma seines Großvaters eingetreten und unterstützte durch eine Stiftung gemeinnützige Einrichtungen. Paul Luchtenberg und Erich Richartz-Bertrams erhielten schließlich die Ehrenbürgerschaft der Stadt Burscheid.“

Nach Ansicht der BfB-Fraktion ist die alte Unternehmervilla nicht nur stadtbildprägend, sondern auch ein Sinnbild für Burscheids Geschichte als Industrie- und Kulturstadt. Baggeler: „Ein wahres Denkmal also.“ Ferner, so der Fraktionschef, soll das Haus auch offiziell den angestammten Namen „Richartz-Bertrams-Haus“ tragen und künftig eine sozio-kulturelle Nutzung erfahren.